Wohnqualität und Naturnähe: die Gartenstadt Puchenau

Puchenau, Bau der Gartenstadt I, 1966
Bau der Gartenstadt I, 1966. (Bildquelle Wilhelm Sighart)

1962 startete die Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Neue Heimat ein bahnbrechendes Projekt. Prof. Roland Rainer, Visionär und Vordenker der österreichischen Architektur, überzeugter Vertreter der „Gartenstadtidee“ und des „ebenerdigen Wohnens im Einfamilienreihenhaus“, wurde mit der Planung einer größeren Siedlung beauftragt. Der Abt von Wilhering stellte im Gemeindegebiet Puchenau ein 4 km von Linz entferntes, an der Donau gelegenes Grundstück für ein Pilotprojekt zur Verfügung, das Wohnqualität und Naturnähe als Gegenentwurf zu Hochhäusern, mehrgeschossigen Miethäusern mit Ausrichtung auf Quantität und Massenwohnbau am Stadtrand realisieren sollte. Mitbestimmung der Bewerber war möglich und führte zu einer Umplanung des ersten Entwurfes.
Die Gartenstadt Puchenau I entstand in den Jahren 1966 bis 1969 mit ca. 235 Wohneinheiten. Die Verbauung zwischen der Rohrbacher Bundesstraße und den Donauauen mit einer strengen südseitigen Ausrichtung aller Wohneinheiten zeigt eine Staffelung. Entlang der Rohrbacher Bundesstraße entstand ein viergeschossiger Wohnblock als Lärmschutz und Begrenzung der Anlage, gefolgt von drei Reihen zweigeschossiger Reihenhäuser und vier Reihen ebenerdiger Haustypen. Mit Ausnahme einer mittigen Straße mit Garagen sind Autos aus der Siedlung verbannt, die durch ein rechtwinkeliges Netz von Gehwegen erschlossen wird.


Puchenau Gartenstadt I und II, 2006
Puchenau Gartenstadt I und II, 2006. (Bildquelle Gemeindearchiv Puchenau)

Mitte der siebziger Jahre erhielt Roland Rainer den Auftrag für ein Seelsorgezentrum im Osten der Siedlung, das Kirche, Kindergarten, Gemeindesaal und Jugendräume umfasst und nach 1980 durch den Neubau von Volks- und Hauptschule erweitert wurde. Der Kirchenbau, der im Sinne eines „universalen Historismus“ (Dehio) historische Vorbilder reflektiert und gleichzeitig den Grundriss des Atrium Hauses der Gartenstadt aufgreift, nimmt sowohl im Schaffen Roland Rainers als auch im österreichischen Kirchenbau eine besondere Stellung ein. Die gotische Pfarrkirche dient seit 1976 als Friedhofskirche.

Im Westen an das Projekt anschließend wurde 1978 auf einem doppelt so großen Areal mit Planung und Bau der Gartenstadt II begonnen, die 760 Wohneinheiten aufweist. Interessenten konnten sich in einer „Versuchssiedlung“ über alle angebotenen Wohnungstypen informieren. Mehrgeschossige Lärmschutzbebauung und Südorientierung wurden übernommen, die autofreie Mittelpromenade kann von den Bewohnern zu verschiedenen Aktivitäten genutzt werden. Autoabstellplätze finden sich ausnahmslos in der Tiefgarage. Die Haustypen sind vielgestaltiger und differenzierter, mit uneinsehbaren Außenanlagen, von Freiräumen unterbrochen.

Pfarrkirche von Puchenau im Winter, 2012
Pfarrkirche von Puchenau im Winter, 2012. (Bildquelle Gemeindearchiv Puchenau)

Durch dieses Wohnprojekt wurde vor allem ein gehobener Mittelstand mit hohem Akademikeranteil angesprochen. Für die Bewohner , durch die sich die Einwohnerzahl von Puchenau verdoppelt hat, wurde die entsprechende Infrastruktur geschaffen. Zwei Haltestellen der Mühlkreisbahn verbinden die Gartenstadt mit der Landeshauptstadt.
Die Gartenstadt Puchenau, ein „Solitär im österreichischen Wohnbau“ (Helmut Lackner) gilt als innovatives Modell, das individuelles Wohnen realisiert, Lebensqualität und hohe Identifikation vermittelt.


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Lit.: Helmut Lackner: Die Gartenstadt Puchenau, in: Puchenau – Festschrift zum Hundertjahrjubiläum der selbständigen Ortsgemeinde Puchenau, hrg. von Maximilian Schimböck, Puchenau 1993
Dehio Oberösterreich – Mühlviertel, Horn – Wien 2003


Text: Monika Klepp
Bilder: Gemeindearchiv Puchenau, Wilhelm Sighart, Elisabeth Schiffkorn

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Bau der Gartenstadt I, 1966. (Bildquelle Wilhelm Sighart) Die Gartenstadt Puchenau, Blick von der Freinbergwarte. (Bildquelle Wilhelm Sighart) Die Gartenstadt Puchenau mit Schloss und Kirche, Blick vom Prinzensteig. (Bildquelle Wilhelm Sighart) Die Gartenstadt I, Blick von der Ederwiese. (Bildquelle Wilhelm Sighart) An der Donau bei Puchenau, Winterimpression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn)
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Puchenau Gartenstadt I und II, 2006. (Bildquelle Gemeindearchiv Puchenau)

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Pfarrkirche von Puchenau im Winter, 2012. (Bildquelle Gemeindearchiv Puchenau)

Bauernland, Bildstöcke und GrenzsteinG
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Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn) Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn) Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn) Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn)  
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Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn) Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn) Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn) Gartenstadt II, Impression. (Bildquelle Elisabeth Schiffkorn)